Buchtipp: Mythos Motivation

Sprengers Opus besitzt wahre Sprengkraft

Das Werk von Reinhard Sprenger, Mythos Motivation ist ein erwiesener Klassiker, von dem jeder zumindest gehört haben sollte. Vor allem Führungskräfte, die ihre Mitarbeitenden erfolgreich motivieren möchten, sollten das Buch einmal quer gelesen haben. Der Autor provoziert mit bissigen Thesen und neigt zuweilen dazu, den gleichen Standpunkt aus verschiedenen Perspektiven immer wieder neu zu beleuchten. Dennoch macht es großen Spaß und belohnt die Lesefreude durch eine süffisant-sarkastische Art, Dinge auf den Punkt zu bringen.

Seine These: Alles Motivieren ist Demotivieren

Noch bis vor wenigen Jahren wurde allgemein üblich die Meinung vertreten, als “guter” Chef müsse ich meine Mitarbeitenden motivieren. Und zwar durch attraktive Anreiz-Systeme wie Incentives oder Boni. Leider war festzustellen, dass man sich mit diesen Systemen auf einem Irrweg befand, weil sie ganz häufig nicht funktionierten. Mehr noch, sie führten dazu, dass sich bei Mitarbeitenden das Gefühl verstärkte, ihre Chefs würden ihnen unterstellen, freiwillig nicht genug leisten zu wollen. Dieses implizierte Misstrauen erreichte zwangsläufig das genaue Gegenteil, nämlich Mitarbeitende zu demotivieren. Ein wahrhaftiger Leistungskiller.

Sprenger unterscheidet hier die beiden Begriffe “Motivation” und “Motivierung”. Motivation ist das, was in uns Menschen steckt und uns motiviert. Motivierung hingegen ist der Versuch, jemanden zu motivieren. Wenn wir also versuchen, jemanden zu motivieren, dann manipulieren wir ihn automatisch. Das wiederum wird schnell durchschaut und führt ins Gegenteil. Anhand vieler plakativer Beispiele zeigt er auf, wie sich diese Art Systeme immer wieder selbst überholen. Wird beispielsweise als Belohnung eine Reise auf die Malediven angepriesen, werden begeisterte Verkäufer*innen bereit sein, allen alles zu jedem Preis zu verkaufen. Auch wenn Kund*innen eigentlich etwas anderes bräuchten. In der Konsequenz könnten diese verärgert sein und zukünftig beim Wettbewerb kaufen.

Das Thema Lob sieht er sehr kritisch

Wer sinnlos lobt, wird schnell verdächtigt, manipulativ sein zu wollen. Menschen spüren schnell, wenn Lob nicht von Herzen kommt. Es geht vielmehr um die Anerkennung, mit der erbrachte Leistung ehrlich beurteilt wird. Das macht er hier sehr deutlich. Laut seiner Grundthese sind Mitarbeitende generell bereits motiviert. Die Aufgabe ist vielmehr, sie nicht zu demotivieren. Und zwar durch gute Führung. Wenn kurzfristige Anreiz-Systeme demotivieren, dann heißt es im Umkehrschluss für Führungskräfte, Mitarbeitenden ihrer intrinsischen Motivation entsprechend Freiraum zu geben und sie sich entfalten zu lassen.
So zum Beispiel mit langfristigen Zielvereinbarungen, die gemeinsam mit den Mitarbeitenden getroffen werden. An denen sie sich orientieren und ihre Arbeit selbstständig so gestalten, dass sie Ziele erreichen. Damit führen Vorgesetzte quasi an der langen Leine.

Individuelle Motive der Menschen freilegen

Durch die Anerkennung dieser Motive können Führungskräfte ihre Mitarbeitenden in die für sie richtige Richtung bringen, passende Aufgaben übertragen und sie damit motivieren. Nicht jeder Mensch lässt sich gleich motivieren. Der eine ist fachlich orientiert, der andere wiederum hierarchisch. Es gibt andere, die sehr viel Sicherheit brauchen. Wieder andere sind freiheitsliebend. Diese Neigungen spielen eine enorme Rolle in der „Was motiviert mich-Welt“.

Fazit
Er betrachtet die Dinge weniger im Einzelnen, sondern behauptet Anreiz-Systeme haben viel stärkere negative Wirkungen, als uns lieb ist. Mit dem Mythos Motivation räumt er auf, genauso wie mit Vertriebs-, Motivations- und Belohnungsmodellen. Das Buch ist sowohl ein Pikser als auch ein guter Augenöffner für Dinge, die man selbst noch gewohnheitsmäßig denkt und macht. Jeder kann bei sich selbst gucken, wo in seinem Leben er geneigt ist, mit Anreiz-Modellen zu agieren. Muss ja nicht zwingend nur im Arbeitsalltag sein, sondern vielleicht sogar bei den eigenen Kindern.